Für Obst und Gemüse sind die Marktbeschicker aus der Region Experten. Auf den Märkten im Kreis Gütersloh und im Kreis Warendorf geben sie ihren Kunden wertvolle Tipps zur Lagerung und Verwertung der Produkte. Je nach Saison suchen wir uns eine Sorte Obst oder Gemüse heraus und sammeln wissenswerte Informationen für Sie.

Eine Tradition, die verloren geht

Michelantonio Di Cristo verkauft seit Jahrzehnten Textilien auf Märkten. Diese Tradition wird aussterben, sagt er. Auf drei Metern Kleiderstange hat er Anfang der 1990er-Jahre auf den Märkten in der Region seine ersten Textilien angeboten. „Früher gab es weniger Auswahl und man hat Artikel teilweise jahrelang zum Kauf angeboten“, erzählt der Textilkaufmann aus Warendorf. „Heutzutage ändert sich die Mode schneller, jetzt haben wir andauernd neue Artikel.“ Das Angebot ist groß. Auf dem Oelder Wochenmarkt hat er an diesem Freitag zahlreiche Kleiderständer, runde und längliche, unter freiem Himmel und unter einem großen Schirm aufgebaut. Die Marktbesucher kommen zum Stöbern vorbei. Ingrid Schuhmacher aus Beckum ist eine davon.

„Ich bin jeden Freitag hier. Das ist der schönste Markt“, meint die 47-Jährige. Sie gehört zu Michelantonios Stammkunden. „Ich liebe das hier, einfach so durchzustöbern und man kennt alle.“ Nachdem sie mehrere Kleiderständer mit Damenmoden durchgegangen ist, sich Farben, Schnitte und Qualität genau angeschaut hat, steht sie mit ein paar Pullovern auf dem Arm da. Michelantonio Di Cristo hat gerade eine andere Kundin fertig bedient und kommt zu ihr. Der 65-Jährige ist von der alten Schule. Zuvorkommend hält er der Beckumerin den Spiegel hin. Ein Lächeln, kompetente Beratung und ein nettes Gespräch gibt es dazu.

Beschweren will sich Michelantonio Di Cristo nicht, betont er, aber realistisch sein: „Die großen Onlineshops sind tödlich für unser Geschäft.“ Den traditionsreichen Textilhandel auf Märkten sieht er aussterben. „Das Geld bleibt nicht hier, wo es den Menschen Arbeit gibt“, bedauert er mit Blick auf den Onlinehandel. Stammkundin Marita Raupach sagt: „Online – mein Ding ist das nicht“, während sie sich eine Strickjacke betrachtet. Der Textilkaufmann hilft ihr höflich in die Ärmel. „Ich probiere die Kleidung gern an, fühle und gucke, wie sie verarbeitet ist“, erläutert die 73-jährige Oelderin. „Ich möchte hier in der Stadt einkaufen. Es wäre schade, wenn die Märkte nicht mehr wären.“

Ein Ladenlokal zum Verkauf von Textilien zu eröffnen sei für Michelantonio Di Cristo, der vor 47 Jahren als junger Mann von Italien nach Deutschland gekommen ist, nie infrage gekommen. Er sieht Vorteile bei der Preisgestaltung, da er keine Miete und keine Heizung zahlen braucht. So kann er sich auch gut auf die alte Markttradition einlassen, dass Kunden anfangen zu handeln. Für ihn gehört das dazu. „Aber es ist ein Unterschied, ob man es frech oder nett macht“, betont er.

Michelantonio Di Cristo hat seine Textilien früher in Städten im Umkreis von 130 Kilometern verkauft, war auf vielen Jahr- und Krammärkten präsent. Heute konzentriert er sich auf die Wochenmärkte, ist dienstags und donnerstags in Oelde und mittwochs und samstags in Rheda anzutreffen. Traditionell beteiligt er sich noch mit einem Stand am Fettmarkt in Warendorf und bei der Wiedenbrücker Herbstkirmes. In der Regel ist er als Marktbeschicker allein unterwegs. Manchmal erfährt er Unterstützung aus der Familie.

Viele Kunden stöbern an diesem freundlichen Herbsttag, an dem der Himmel über Oelde mal grau und mal blau ist, durch das umfangreiche Angebot an Oberbekleidung – Hosen, Pullover, Westen, Jacken, Jogging- und Schlafanzüge wechseln den Besitzer. Für jeden Geschmack und jedes Geschlecht scheint etwas dabei zu sein. Nach der Mittagszeit endet das Markttreiben in der Innenstadt. Alles, was der Warendorfer Textilkaufmann früh am Morgen aufgebaut hat, verschwindet wieder in seinem Bulli.

So macht er es seit mehr als vier Jahrzehnten. Kein eigenes Ladenlokal. Keine anderen Waren. Michelantonio Di Cristo liebt den Handel mit Kleidung. Das ist das, was ihn beruflich erfüllt, weil es einhergeht mit vielen netten, zum Teil nachhaltigen Begegnungen.

Kontakt:
Textilkaufmann Michelantonio Di Cristo
Milter Straße 16
48231 Warendorf
Telefon: 0157/59666177
E-Mail: dicristo59@gmx.de

Marktzeiten:
Wochenmarkt Oelde: dienstags und freitags von 7 Uhr bis 12.30 Uhr;
Wochenmarkt Rheda: mittwochs und samstags von 7.30 Uhr bis 12.30 Uhr.

Text und Fotos: Conny Kingma


Die Knolle, die immer schmeckt

Familie Wöstmann baut seit Jahrzehnten Speisekartoffeln an. Seit Juli gibt es ihre tollen Knollen auch auf dem Markt in Rheda.

In Deutschland sind vom Bundessortenamt mit Sitz in Hannover circa 200 Kartoffelsorten zugelassen. Sie unterscheiden sich nicht nur geschmacklich, sondern auch durch verschiedene Knollenformen und -farben sowie in der Beschaffenheit der Schalen. Norbert Wöstmann (59) ist mit dem Anbau von Kartoffeln groß geworden und führt seit mehr als 30 Jahren mit seiner Frau Karin (56) den Hof Wöstmann an der Groppeler Straße in Herzebrock. Durch die Teilnahme an Sortenversuchen in Kooperation mit der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen und der Pflanzenzüchterfirma Europlant in Lüneburg hat er allein in diesem Rahmen in den vergangenen zehn Jahren bereits Erfahrung mit dem Anbau von rund 40 Sorten gesammelt.

Acht bis zehn Sorten baut Familie Wöstmann jährlich für den Verkauf an – sie wechseln und tragen Namen wie Annabelle, Monique und Sissi (frühe, festkochende Sorten), Glorietta (vorwiegend festkochend) und Karelia (mehlig). Für eine längere Lagerung eignen sich besonders gut Sorten wie Regina (festkochend) und Madera (vorwiegend festkochend). „Die kann man auch im Frühjahr noch verkaufen“, sagt Norbert Wöstmann.

Nicht immer sind die Kartoffeln gelb, sie können auch blau, lilafarben, rosa oder dunkelrot sein. „Das sind Blickfänger auf dem Markt. Aber im Anbau sind sie schwierig, der Ertrag ist gering“, schildert der Kartoffelexperte seine Erfahrung. „Ich erkenne auch nicht, dass sie besser schmecken.“ Sein Sohn Nico, Student der Agrarwirtschaft an der Fachhochschule in Soest, will den Kartoffelhof einmal übernehmen. Als der 21-Jährige davon hörte, dass Ewald und Agnes Roer aus Herzebrock nach 45 Jahren ihren Marktstand auf dem Rathausplatz in Rheda aufgeben, überlegte er nicht allzu lange. Denn als Student hat er samstags Zeit und kann gut in die Rolle des Marktbeschickers schlüpfen. An diesem Samstag erfährt er Unterstützung durch seinen Vater und Mitarbeiterin Alina Peterbuers. „Wir müssen den Aufbau noch üben“, bemerkt der Junior. Eine dreiviertel Stunde brauchen sie dafür. Ziel ist, es irgendwann wie der Vorgänger in einer halben Stunde zu schaffen.

Seit Anfang Juli sind Wöstmanns mit ihrem Stand vor dem Rathaus in Rheda vertreten – anders als Hof Roer nur einmal die Woche. Nico Wöstmann empfängt seine Kunden freundlich. Andreas Leykauf aus Rheda scheint ein Stammkunde zu werden. „Ich habe schon jahrzehntelang beim Vorgänger gekauft und jetzt bleibe ich auch hier dabei, weil es schmeckt“, sagt er. Das hört der 21-Jährige gern. „Ich habe Freude an zufriedenen Kunden und es macht mir Spaß, unsere eigenen Produkte zu verkaufen“, betont er. Petra Bieniek aus Wiedenbrück gehört auch zu den Marktbesuchern, die regelmäßig zum Stand kommen. Sie holt Eier ab, die wie Obst und Gemüse das Sortiment um die Kartoffeln ergänzen.

Seit den 1990er-Jahren betreiben Norbert und Karin Wöstmann auch einen Hofladen. „Das Verhalten der Kunden hat sich verändert. Sie kaufen kleinere Mengen an Kartoffeln ein, kommen dafür öfter zu uns“, schildert der 59-Jährige. Er erinnert sich gut an seine Kindheit, als auf dem Hof Kartoffeln noch in 50 Kilogramm schwere Säcke verpackt worden sind. „Heute haben wir nicht einmal mehr 25-Kilo-Säcke. Die Zeiten, in denen die Leute im Herbst einen Zentner Kartoffel zum Einlagern in ihren Kellern gekauft haben, sind längst vorbei. Heute werden höchstens noch 12,5-Kilogramm-Säcke gekauft, meist aber nur noch 2,5 oder, wenn es Frühkartoffeln sind, die sich nicht so lange halten, auch nur mal ein Kilo.“

 Die Produktpalette, die einst mit Kartoffeln, Eiern, Porree und Möhren startete, erweitert sich ständig und umfasst mittlerweile auch je nach Saison grünen Spargel aus eigenem Anbau, Äpfel, Fleischprodukte, Eingekochtes, Pralinen, Gebäck, Honig, Nudeln, Säfte, Weine und Liköre. Auserwählte Produkte gibt es seit 2019 zudem rund um die Uhr im Verkaufsautomaten auf dem Hof. In Kürze sollen auch wieder 350 Hühner für die eigene Eierproduktion gehalten werden.

Kontaktdaten
Hof Wöstmann
Groppeler Straße 27, 33442 Herzebrock
Telefon: 05245 2550
E-Mail: norbert@hofwoestmann.de
Internet: www.hof-woestmann.de

Markt- und Öffnungszeiten:
Wochenmarkt Rheda: mittwochs und
samstags von 7.30 bis 12.30 Uhr.
Hofladen: montags bis samstags von 8 bis 13 Uhr sowie
montags, dienstags, donnerstags und freitags von 14 bis 18 Uhr.

Text: Conny Kingma, Fotos: Conny Kingma/Michael Wöstheinrich


Feinkost nach eigenen Rezepturen

Am Stand von Dany Sultan geht es lustig zu. Egal zu welcher Uhrzeit, der 45-Jährige hat immer einen Spruch parat. Mit den Worten „lecker und gesund, hält fit und jung“ preist er seine Antipasti an. Ein Schmunzeln kann sich der Inhaber von Sultan Feinkost dabei nicht verkneifen. Viele Besucher zieht er mit seiner lockeren Art mittenrein in eine besondere Marktatmosphäre. An diesem Samstagmorgen hat er seinen Stand in Beckum aufgebaut. Um 4 Uhr ist er aufgestanden, um seinen Wagen zu beladen und von Detmold in die Püttstadt zu fahren. Hier fühlt er sich – ähnlich wie an den Markttagen in Oelde und Herzebrock – ein stückweit zu Hause. Viele Kunden winken schon von Weitem, fragen: Wie geht es dir? „Moin, mein Lieber. Danke gut“, hört man Dany Sultan sagen.

Und dann legen die Kunden los, meistens in etwa so: Ich hätte gern ein paar Oliven, schwarze, grüne, gefüllt mit Mandeln und Frischkäse, dazu eingelegte Champignons, getrocknete Tomaten, ach ja, und noch Peperoni, gefüllte Kirschpaprika, ein paar Garnelen, und Dips – ein bisschen von der Aioli-Creme, der Frischkäse-Creme und die mit Walnuss. Dany Sultan lässt es sich nicht nehmen, auf seine „weltallerbeste Auberginencreme“ aufmerksam zu machen, hält einen Pokal hoch, den er dafür bekommen hat, und muss einmal mehr grinsen. Hinter seiner Trophäe steckt eine kleine, wertschätzende Geschichte.

„Kunden aus Ahlen haben mir vor ein paar Jahren den Pokal und eine Urkunde geschenkt, weil sie die Auberginencreme so gern mögen“, erzählt der 45-Jährige. Auf der Urkunde vom Dezember 2019 hat eine „Ahlener Jury“ dieser Kreation das Prädikat „echt geil“ verliehen. Den Pokal gab es für den ersten Platz im Geschmacktest.

Dany Sultan ist seit mehr als zehn Jahren mit seinem Angebot auf Märkten unterwegs. Unterstützt wird er unter anderem von seinem Neffen Anton Sultan (25), der ihn an diesem Vormittag begleitet. Beide mögen die Marktatmosphäre sehr. „Wir fahren gern auf die Märkte. Es macht Spaß. Die Leute hier sind zufrieden und glücklich“, meint Dany Sultan, der viele Stammkunden bedient. Kunden hört man oft sagen, dass sie zum Anti­pasti-Mann, zum Griechen – schließlich gibt es griechische Spezialitäten – oder zum Türken gehen. Doch nicht alles davon passt auf ihn. Denn geboren ist der Marktbeschicker in Libanons Hauptstadt Beirut, in Deutschland lebt er bereits seit 35 Jahren, wie er erzählt.

Die Idee, Antipasti zu verkaufen, begann in ihm zu reifen, als er einmal auf dem Markt in Detmold an einem Stand Oliven probierte, die ihm so gut schmeckten. „Ich habe dann viel ausprobiert und mir ein Geschäft aufgebaut. Wir legen alles selbst mit verschiedenen Gewürzen ein und füllen auch alles selbst“, sagt er, während er zum Beispiel auf mehrere Sorten Oliven, Peperoni und Kirschpaprika zeigt. „Die Rezepturen sind im Kopf und in einem Safe.“ Die Rohwaren, darunter auch Frischkäse, griechischer Joghurt und Magerquark als Basis für rund ein Duzend Dips, bezieht er von vertrauten Lieferanten.

Für die Märkte vorbereitet wird dann alles in einer Produktionshalle in Detmold, wo er von seinem Neffen Anton Sultan und zwei weiteren Mitarbeitern unterstützt wird. Beim Austüfteln der Rezepte unterstützt auch die Familie. „Wenn meine Frau oder meine Mutter kochen, kommen auch Ideen für Dips – und meine Tochter macht beim Probieren mit.“ Angepasst an die Kundenwünsche gibt es mittlerweile auch eine vegane Creme mit getrockneten Tomaten und Paprika. Ulli Schnitzmeier kauft gern bei Sultan ein. „Ich mag die Oliven und auch die anderen Sachen. Und ein feiner Kerl ist er auch noch“, sagt der Beckumer über Dany Sultan.

Mal redet er mit den Besuchern über das Wetter oder über Fußball, auch Privates ist Thema. Er kennt so manches Urlaubsziel seiner Kunden und erfährt, dass die „weltallerbeste Auberginencreme“ schon mal mit auf Reisen geht. Ob München oder Dubai, manche Kunden hätten den Auftrag, ihren weggezogenen Kindern oder Freunden bei einem Besuch etwas davon mitzubringen.

Sonderwünsche werden gern erfüllt. Der Beckumer Hacky Giehl fragt an diesem Morgen: „Hast du mir eingelegte Paprika zurückgelegt?“ Dany Sultan reicht ihm ein Döschen über die Theke. „Da hast du Glück gehabt“, sagt der Marktbeschicker und zwinkert. Hacky Giehl kauft noch Krebsfleisch, Champignons und Aioli ein. „Ich komme gern hier hin. Die Atmosphäre ist ansprechend und die Waren sind immer frisch.“ Vom Chef gibt es heute wahlweise noch einen Sesambrotring oder ein Fladenbrot dazu. „Beim Fleischer bekommen die Kinder eine Scheibe Wurst, beim Bäcker einen Keks und bei uns einen Brotring“, erläutert Dany Sultan. Die Freude, die einst für Kinder gedacht war, wird seit Jahren auch erwachsenen Kunden zuteil.

Kontakt & Marktzeiten:
Sultan Feinkost
Hornsche Straße 132, 32756 Detmold
Telefon: 0175 4501912

Wochenmärkte:
Oelde: dienstags und freitags von 7 Uhr bis 12.30 Uhr; Beckum: mittwochs und samstags von 7 Uhr bis 14 Uhr (Sommerzeiten); Herzebrock: freitags von 7 bis 12.30 Uhr.

Text und Bilder: Conny Kingma